Das zweijährige Vorab-Konkordat
“concordato preventivo biennale” – Dlgs. Nr. 13 vom 12.02.2024
Mit diesem Rundschreiben informieren wir Sie über die Möglichkeit der Anwendung des neu eingeführten zweijährigen Vorab-Konkordats. Im Wesentlichen geht es darum, dass die Einnahmenagentur dem Steuerzahler einen Vorschlag für die zu besteuernden Unternehmer- oder Freiberuflereinkommen der Jahre 2024 und 2025 macht, unabhängig davon, welches Einkommen dann effektiv erzielt wird. Die Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Vorschlages muss bis 31. Oktober 2024 getroffen werden. Ihr zuständiger Sachbearbeiter wird den Vorschlag der Einnahmenagentur für Sie prüfen und sich dann in den kommenden Wochen bei Ihnen melden, falls Handlungsbedarf besteht.
Wer kann von der Möglichkeit Gebrauch machen?
Es betrifft grundsätzlich alle Steuersubjekte mit einem Einkommen aus unternehmerischer oder freiberuflicher Tätigkeit, welche im Jahr 2023 einen Umsatz von weniger als 5.164.569 Euro erzielten und im Jahr 2023 die ISA-Indikatoren anwenden mussten.
Falls hingen für das Jahr 2023 ein Ausschlussgrund von den ISA zur Anwendung kam, so kann das Vorab-Konkordat nicht angewandt werden. Zu den Ausschlussgründen der ISA zählen unter anderem:
- der Beginn oder Beendigung der Tätigkeit;
- Umsatzerlöse von mehr als 5.164.569 Euro;
- Steuerperiode ohne Tätigkeitsausübung;
- Ausübung verschiedener Tätigkeiten mit unterschiedlichen ISA-Indikatoren, sofern der Betrag der erklärten Einnahmen aus den Tätigkeiten, die nicht vom ISA-Index der überwiegenden Tätigkeit erfasst werden, mehr als 30% der gesamten erklärten Erlöse ausmacht.
Jene Unternehmer und Freiberufler, die das Pauschalsystem „regime forfetario“ anwenden, sind zwar von der ISA-Berechnung befreit, können aber trotzdem beschränkt für das Jahr 2024 von der Möglichkeit des Vorab-Konkordats Gebrauch machen.
Als Zugangsvoraussetzung gilt zudem, dass keine offenen Steuer- und Beitragsforderungen von mehr als € 5.000 (in Summe) bestehen.
Weiters hat die Einnahmenagentur folgende Ausschlussgründe definiert:
- Unterlassene Abgabe der Einkommenssteuererklärung in einer der 3 vorhergehenden Steuerperioden vor Anwendung des Konkordats (2021, 2022 und 2023), sofern man dazu verpflichtet war;
- Finanzstrafvergehen im Zusammenhang mit Einkommenssteuern oder MwSt, welche in den letzten drei Steuerperioden vor der Anwendung des Vergleichs begangen wurden;
- der Bezug von steuerfreien oder nicht im Einkommen zu berücksichtigenden Einkünften von mehr als 40% im Jahr vor Anwendung des Konkordats (2023) z.B. Freiberufler, welcher im Jahr 2023 das Sonderregime der Heimkehrer („impatriati“) angewendet hatte, der Bezug von Dividenden oder Veräußerungsgewinnen aus Beteiligungen, die im Unternehmen gehalten werden, oder eventuelle Beanspruchung von nicht steuerpflichtigen Steuerguthaben aus Investitionsförderungen oder die Nutzung der Sonder- und Megaabschreibung).
- Umstieg von der ordentlichen Abrechnung auf das Pauschalsystem „regime forfetario“ im Jahr 2024;
- Außerordentliche Operationen wie Fusionen, Spaltungen, Einbringungen oder Abtretung eines Betriebsbereiches oder Änderungen der Gesellschafterstruktur (Übertragung von Beteiligungen) im Falle von Personengesellschaften, Freiberuflervereinigungen oder transparenten GmbHs (eine Verschiebung der Anteile zwischen den bestehenden Gesellschaftern ist hingegen zulässig).
Gibt es Umstände, welche zu einer vorzeitigen Beendigung des Konkordats führen?
Das Konkordat verfällt ab jener Steuerperiode, in welcher einer der folgenden Tatbestände eintritt:
- Abänderung der Tätigkeit im Vergleich zu jener, welche im Jahr vor der Anwendung des Konkordats ausgeübt und gemeldet war, ausgenommen die neue Tätigkeit fällt unter den gleichen ISA-Bereich;
- Beendigung der Tätigkeit;
- Wechsel in das Pauschalsystem;
- Falls die Erlösschwelle von 7.746.853 Euro überschritten wird;
- Für Subjekte im Pauschalsystem (Konkordat gilt nur für 2024), welche im Jahr 2024 Inkassi von mehr als 150.000 Euro haben;
- Durchführung von a.o. Geschäftsoperationen (Fusion, Spaltung, Einbringung oder Verkauf von Betriebsbereichen) oder im Falle einer Personengesellschaft, Freiberuflervereinigung oder transparenten GmbH falls es Änderungen (Ein- oder Austritte) bei den Gesellschaftern oder Teilhabern gibt. Die reine Änderung der Beteiligungsverhältnisse zwischen den bestehenden Gesellschaftern ist hingegen nicht schädlich.
Gibt es auch Gründe, welche zu einem rückwirkenden Verfall des Konkordats führen?
Falls eine der folgenden Umstände eintritt, so verliert das Konkordat rückwirkend für beide Jahre (2024 und 2025) seine Wirksamkeit, allerdings müssen im Falle von geringeren effektiven Einkommen in den Jahr 2024 und 2025, dennoch die vereinbarten Einkommen laut Konkordat der Besteuerung unterworfen werden. Sind die effektiven Einkommen hingegen höher, so bilden diese die Steuerbemessungsgrundlage.
Es handelt sich dabei um folgende Umstände:
- Im Zuge einer Steuerfestsetzung (für die Jahre 2024-2025 oder 2023) werden unterschlagene Erlöse oder nicht absetzbare Kosten von mehr als 30 Prozent festgestellt oder es werden andere grobe Übertretungen begangen (z. B. Finanzstrafvergehen im Bereich der Einkommens- und Mehrwertsteuer, unterlassene oder fehlerhafte Abgabe der ISA-Daten, soweit diese zu einem geringeren Einkommen von mehr als 30% führen, unterlassene oder verspätete Speicherung und Übermittlung der Tageseinnahmen oder die Übermittlung von unvollständigen oder falschen Tageseinnahmen an mindestens 3 verschiedenen Tagen, unterlassene oder falsche Ausstellung von Transportdokumenten, sofern diese Verstöße mindestens 3 Mal an verschiedenen Tagen begangen wurden, unterlassene Führung und Aufbewahrung der Buchhaltungsunterlagen, die unterlassene Installation der Registrierkasse);
- Infolge einer Änderung/Ergänzung der Steuererklärung der Vorjahre ergibt sich eine Änderung der Steuerbemessungsgrundlage von mehr als 30 Prozent, auf deren Grundlage der Konkordats-Vorschlag berechnet wurde;
- In der Steuererklärung werden Daten angeführt, die nicht mit den Daten übereinstimmen, die für die Festlegung des Vergleichsvorschlages übermittelt wurden, sofern sich dadurch die Steuerbemessungsgrundlage für das Konkordat um mehr als 30 Prozent verändert;
- Unterlassene Zahlung von Beträgen, die infolge einer automatisierten Kontrolle fällig geworden sind.
Wie funktioniert das Vorab Konkordat?
Die Einnahmenagentur macht dem Steuerzahler vorab einen Vorschlag über die Höhe des zu versteuernden Unternehmer- oder Freiberuflereinkommens und somit der zu zahlenden Steuern der nächsten zwei Jahre (2024 und 2025). Nimmt der Steuerpflichtige diesen Vorschlag an, erklärt und versteuert er in den Folgejahren genau das vereinbarte Einkommen, auch wenn das effektiv erwirtschaftete Einkommen höher oder niedriger ist. Zudem verzichtet die Einnahmenagentur auf Steuerprüfungen, welche das Einkommen aus unternehmerischer oder freiberuflicher Tätigkeit dieser zwei Jahre betreffen und das Steuersubjekt profitiert von den Vorteilen einer guten ISA-Note (Befreiung vom Bestätigungsvermerk für die Verrechnung und Rückerstattung von MwSt-Steuerguthaben bis zu 70.000 Euro oder Guthaben der Einkommenssteuern bis zu 50.000 Euro, Befreiung von den Bestimmungen der Scheingesellschaften, Verkürzung der Verjährungsfristen um ein Jahr usw.).
Grundlage für das vorgeschlagene Einkommen vonseiten der Einnahmenagentur bildet das bereinigte Einkommen 2023 sowie die ISA-Note für das Jahr 2023. Das bereinigte Einkommen wird anschließend auf einen ISA-Höchstwert von 10 angepasst, das bedeutet, dass jenes Einkommen ermittelt wird, welches erklärt werden müsste, um diesen Höchstwert zu erreichen. Zudem fließen auch die persönliche wirtschaftliche Entwicklung in den Vorjahren 2021 und 2022 sowie die Prognosen über die wirtschaftliche Entwicklung des Tätigkeitssektors in die Berechnung mit ein.
Als bereinigtes Einkommen versteht sich das Unternehmer- oder Freiberuflereinkommen, welches um die folgenden Komponenten zu neutralisieren ist:
- Veräußerungsgewinne bzw. Veräußerungsverluste (Erlöse oder Verluste aus Anlagenverkauf oder dem Verkauf von Beteilungen);
- außergewöhnliche Erträge und Aufwände;
- Erträge aus Beteiligungen (Dividenden);
- steuerliche Verluste;
- Forderungsausfälle;
- Vergütungen für die Veräußerung des Kundenstockes (bei Freiberuflern).
Die Korrektur um diese Komponenten muss auch auf das vorgeschlagene Einkommen der Folgejahre hinzu- oder weggerechnet werden d.h. also, dass diese Erträge und Aufwendungen vom Konkordatsvorschlag nicht abgedeckt sind.
Mit der sogenannten Korrekturverordnung von Mitte August 2024 wurden noch einige Änderungen und Verbesserungen vorgenommen, wobei hier vor allem die Möglichkeit der günstigeren gestaffelten Ersatzsteuer für die Einkommenssteuern (IRPEF sowie Regional- und Gemeindezuschlag bzw. IRES) als Wahlmöglichkeit zur normalen Besteuerung hervorzuheben ist. Diese Ersatzsteuer kann (freiwillig) auf den berechneten Zuwachs zwischen den vorgeschlagenen Einkommen für die Jahre 2024 und 2025 und dem Einkommen des Vorjahres (2023) angewendet werden. Für die Wertschöpfungssteuer IRAP gilt die Ersatzsteuer hingegen nicht.
Die anzuwendende Ersatzsteuer für die Einkommenssteuern hängt von der Note der Zuverlässigkeitsindikatoren (ISA) des Jahres 2023 ab und ist wie folgt gestaffelt:
- 15% Ersatzsteuer bei ISA-Note unter 6;
- 12% Ersatzsteuer für ISA-Note zwischen 6 und weniger als 8;
- 10% Ersatzsteuer bei einer Note von 8 oder mehr.
Beispiel: ein Freiberufler erzielt im Jahr 2023 ein Einkommen von 90.000 Euro und eine ISA-Note von 7,75 - die Software berechnet z. B. für das Jahr 2024 ein Einkommen von 94.000 Euro und für 2025 von 100.000 Euro – auf den jeweiligen Einkommenszuwachs wird bei Annahme des Konkordats eine Ersatzsteuer von 12% (für 2024 480 Euro und für 2025 1.200 Euro) angewendet, anstatt der progressiven IRPEF-Steuer von 43% (für 2024 1.720 Euro und für 2025 4.300 Euro).
Steuervorauszahlung für das Jahr 2024 bei Annahme des Konkordats
Falls der Vorschlag für den Vorab-Vergleich angenommen wird, so sind auch die Steuervorauszahlungen anzupassen, wobei für die erste Anwendung im Jahr 2024 eine Sonderbestimmung vorgesehen ist.
Wird die Vorauszahlung mit Bezug auf die Vorjahressteuer berechnet, hat man zusätzlich zur normalen berechneten Vorauszahlung (50 Prozent der Vorjahressteuer) einen Erhöhungsbetrag von 10 Prozent auf den Zuwachs zwischen Einkünften 2023 und dem Vergleichsvorschlag zu entrichten. Für die Wertschöpfungssteuer IRAP ist ein Erhöhungsbetrag von 3 Prozent zu zahlen. Die Zahlung dieser zusätzlichen Vorauszahlungen hat zusammen mit der 2. Steuervorauszahlung am 30.11.2024 zu erfolgen.
Wird hingegen die Vorauszahlung mit Bezug auf die für 2024 erwartete Steuer berechnet, ist für die zweite Vorauszahlung die Differenz zwischen der insgesamt für 2024 geschuldeten Steuer abzüglich der ersten Vorauszahlung zu leisten.
Hat die Annahme des Konkordats auch Auswirkung auf die Sozialbeiträge?
Bei der Annahme des Konkordats gilt dieses auch als Steuerbemessungsgrundlage für die Berechnung der Sozialbeiträge, sofern es sich um Steuersubjekte handelt, welche bei der INPS-Verwaltung eingetragen sind (Kaufleute, Handwerker oder getrennte INPS-Sonderverwaltung). Für diese Subjekte besteht aber wahlweise auch die Möglichkeit die Sozialbeiträge auf das effektive Einkommen abzuführen, falls dieses höher ist als das vereinbarte Einkommen.
Anders verhält es sich hingegen bei den privaten Pensionskassen der verschiedenen Freiberuflertätigkeiten (Ärzte, Notare, Anwälte, Architekten, Ingenieure, Geometer usw.), welche bereits angekündigt haben, dass der Vergleich keine Auswirkung auf die Beitragsverpflichtung hat – die Beiträge werden hier also weiterhin auf das effektive Freiberuflereinkommen abzuführen sein.
Bis wann muss ich mich entscheiden?
Die Zustimmung oder Ablehnung des Vorschlages der Einnahmenagentur wird zusammen mit dem Versand der Einkommenssteuererklärung erteilt. Aktuell ist als Frist dafür der 31. Oktober 2024 vorgesehen. Ihr zuständiger Sachbearbeiter wird den Vorschlag der Einnahmenagentur genau prüfen und sich dann bei Ihnen melden.
Obgleich mit der neuen Ersatzsteuer das Instrument wesentlich interessanter wurde, ist dieses grundsätzlich nur dann sinnvoll, sofern für die Jahre 2024 und 2025 höhere Einkünfte erwartet werden. Die Entscheidung zur Annahme wird heuer etwas erleichtert, zumal die entsprechende Option ausnahmsweise erst bis zum 31. Oktober 2024 zu tätigen ist und somit zumindest das voraussichtliche Einkommen für 2024 bereits relativ gut abschätzbar ist.