Die sogenannte Wachstumsverordnung Nr. 34/2019 hat grundlegende Neuerungen in Bezug auf die Absichtserklärungen eingeführt, welche ab dem Jahr 2020 Wirkung erlangt haben. Die Einnahmenagentur hat aber erst am 27. Februar 2020 die entsprechende Verordnung zur Anpassung der neuen Regelungen erlassen, welche mit 2. März 2020 in Kraft treten.
Die wesentlichen Neuerungen betreffen die Erhöhung der Strafen, sofern der Lieferant die Korrektheit der versendeten Absichtserklärung nicht vor der MwSt-freien Rechnungsstellung geprüft hat und die Pflicht zur Angabe der vollständigen telematischen Protokollnummer von der Einnahmenagentur in den ausgestellten Rechnungen an den Gewohnheitsexporteur (bisher war die Nummer der Absichtserklärung in der Rechnung anzuführen). Die fortlaufende Nummerierung und die Erfassung der Absichtserklärung in einem getrennten Register sind hingegen nicht mehr notwendig.
In der Folge finden Sie einige allgemeine Informationen zu den Absichtserklärungen sowie die diesbezüglichen Neuerungen im Detail.
1.1 Definition „Gewohnheitsexporteur“
Unternehmen, die gewohnheitsmäßig innergemeinschaftliche Lieferungen und Exporte durchführen, erwirtschaften in der Regel ein MwSt-Guthaben. Um diese Unternehmen (sog. „Gewohnheitsexporteure“) finanziell nicht übermäßig zu belasten, wird ihnen unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit eingeräumt, bis zum Betrag der Vorjahres-Ausfuhrlieferungen (Plafond) von inländischen Lieferanten Gegenstände und Leistungen ohne MwSt zu erwerben; ausgenommen sind nur der Erwerb von Liegenschaften (Gebäude und Baugrundstücke), auch mittels Werkvertrag, sowie der Erwerb von Gegenständen ohne Vorsteuerabzug.
Es gibt zwar ein Kassationsurteil, welches zum Schluss kommt, dass der Bau mittels Werkvertrag im Gegensatz zum Kauf eine Dienstleistung darstellt und demnach auch in diesem Fall die Abrechnung ohne MwSt zulässig ist – nachdem sich die Einnahmenagentur aber bis heute nicht an diese Interpretation angepasst hat, raten wir von einer solchen Auslegung ab.
Anders sollte es sich hingegen bei einer ordentlichen oder außerordentlichen Instandhaltung von Liegenschaften (Buchstabe a) und b) der VPR 380/2001) verhalten, welche nicht als werterhöhende Arbeiten anzusehen sind und demnach ohne MwSt abgerechnet werden können. Für die Lieferung von Einrichtungsgegenständen (Möbel und Beleuchtung) kann die Absichtserklärung auf jeden Fall angewandt werden.
1.2 Welche Voraussetzungen sind notwendig, damit eine Absichtserklärung ausgestellt werden darf?
Für die nicht steuerpflichtigen Ankäufe im Ausmaß des sogenannten Plafonds gilt als subjektive Voraussetzung, dass die Ausfuhrumsätze (Exporte, innergemeinschaftliche Lieferungen und bestimmte Dienstleistungen) des Vorjahres zumindest 10% des Gesamtumsatzes betragen müssen.
Bei Vorhandensein dieser Voraussetzung hat der Gewohnheitsexporteur für Lieferungen und Leistungen eine eigene vorherige telematische Meldung an die Einnahmenagentur zu machen. Diesen Umstand muss er dann in der Folge seinem Lieferanten mitteilen, mit welcher er die erwähnte subjektive Voraussetzung bestätigt und den Erwerb ohne MwSt verlangt.
1.3 Inhalt der elektronischen Absichtserklärung
In der Absichtserklärung muss vom Gewohnheitsexporteur angeführt werden, ob diese für:
- eine Einzellieferung bis zu einem bestimmten Betrag oder
- mehrere Lieferungen mit Angabe des Gesamtbetrages gilt.
Weiters muss in der Erklärung angegeben werden, wie der Plafond zustande gekommen ist (nur sofern die MwSt-Jahreserklärung nicht bereits versendet wurde).
Die fortlaufende Nummerierung der Absichtserklärung ist sowohl für den Aussteller als auch für den Lieferanten nicht mehr erforderlich bzw. es wurde dieses Feld auch im Modell entfernt.
2. Pflichten für den Lieferanten eines Gewohnheitsexporteurs
Diese Prüfung muss auf jeden Fall vor der Durchführung der nicht steuerpflichtigen Lieferung oder Dienstleistung erfolgen – dies bedeutet im Klartext, dass bei Lieferungen die Übergabe bzw. das Datum auf dem Lieferschein ausschlaggebend ist, bei Dienstleistungen hingegen das Zahlungsdatum oder das Datum der vorher ausgestellten Rechnung. Erst nach erfolgter Prüfung und Vorhandensein der Absichtserklärung in Ihrem Steuerpostfach (cassetto fiscale) darf die Rechnung ohne MwSt ausgestellt werden.
Vor der Rechnungsstellung ist es weiters wichtig, genau zu prüfen, ob in der erhaltenen Absichtserklärung vom Kunden eine bestimmte Lieferung oder Leistung oder mehrere Lieferungen und Leistungen mit einem bestimmten Maximalbetrag angeführt sind, bis zu welchem diese ohne MwSt erfolgen dürfen (der Lieferant muss diese Vorgaben also laufend bzw. vor der jeweiligen Rechnungsstellung überprüfen). Am Ende eines jeden Kalenderjahres verfällt die erhaltene Absichtserklärung automatisch; für Lieferungen ohne MwSt im Folgejahr ist also jeweils eine neue Absichtserklärung notwendig.
In den ausgestellten Rechnungen muss künftig die vollständige Protokollnummer der Versendungsbestätigung der Absichtserklärung angeführt werden. Es bleibt noch abzuklären, in welchem Feld der elektronischen Rechnung die Protokollnummer anzuführen ist.
Wie auch in Vergangenheit unterliegt die Rechnung der Stempelsteuer von Euro 2,00, sofern der Rechnungsbetrag mehr als Euro 77,47 beträgt (in der elektronischen Rechnung hat man das entsprechende Feld „bollo“ anzukreuzen).
Auf der Rechnung muss der folgende Verweis in deutscher oder italienischer Sprache angeführt werden (in der elektronischen Rechnung ist der Kodex „N3“ zu verwenden):
„nicht steuerbarer Umsatz“ oder „operazione non soggetta“ |
Die Verwaltungsstrafen wurden gegenüber der bisherigen Regelung drastisch erhöht. Ab 2020 wird eine proportionale Verwaltungsstrafe im Ausmaß von 100% bis 200% der MwSt vorgesehen, und zwar unabhängig davon, ob der Kunde die Erklärung versendet hat oder nicht, sofern man nicht vorher die Korrektheit der Absichtserklärung geprüft hat (die Absichtserklärung muss im Steuerpostfach des Lieferanten vorliegen).
Bevor man also eine MwSt-freie Lieferung oder Leistung auf Grund einer erhaltenen Absichtserklärung durchführt, muss man auf jeden Fall vorab prüfen, ob der Kunde die Absichtserklärung an die Einnahmenagentur übermittelt hat und ob die Übermittlungsbestätigung in der entsprechenden Datenbank aufscheint. Falls man einen Kunden nicht besser kennt, sollte weiters zur Sicherheit ein aktueller Handelskammerauszug beantragt werden – dies zum eigenen Schutz vor späteren Beanstandungen durch die Finanzverwaltung, sofern der Kunde betrügerisch gehandelt hat – der Lieferant muss nämlich im Falle eines Betruges beweisen können, dass für ihn ein Betrug nicht ersichtlich war.