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20. Apr 2020 / Wirtschaftsprüfer & Steuerberater
Lukas Aichner
Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
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Rückerstattung oder Verrechnung von bestehenden MwSt-Guthaben

Nachdem in den vergangenen Jahren der Anwendungsbereich der umgekehrten Steuerschuldnerschaft („Reverse-Charge-Verfahren“) erweitert und die gespaltene Zahlung (Split Payment) für Rechnungen an die öffentliche Verwaltung eingeführt worden ist, ergeben sich vor allem für Bau- und Handwerksunternehmen MwSt-Guthaben, die zurückgefordert oder mit anderen Steuern und Sozialbeiträgen verrechnet werden können.
Aus diesem Anlass fassen wir kurz die Voraussetzungen und die Termine zusammen, welche erfüllt werden müssen, damit ein MwSt-Guthaben zurückgefordert bzw. mit anderen Steuern und Abgaben verrechnet werden darf.

Voraussetzungen für trimestrale Rückerstattung bzw. Verrechnung mit anderen Steuern/Abgaben


Für die vierteljährliche Rückerstattung oder Verrechnung mit anderen Steuern und Abgaben muss das Guthaben des jeweiligen Trimesters mindestens € 2.582,28 betragen und es muss eine der folgenden Voraussetzungen  im entsprechenden Trimester erfüllt werden:

  • Durchschnittlicher MwSt-Satz – der durchschnittliche MwSt-Satz auf Eingangsumsätze muss höher sein, als der um 10 Prozent erhöhte, durchschnittliche MwSt-Satz auf Ausgangsumsätze. Die Ausgangsumsätze mit „Reverse-Charge-Verfahren“ und „Split-Payment“ werden mit Steuersatz „Null“ gewertet;
  • Die Exporte, die innergemeinschaftlichen Lieferungen und die gleichgestellten Leistungen (z. B. Art. 9 VPR 633/1972) betragen mehr als 25 Prozent des Gesamtumsatzes;
  • Die nicht steuerbaren Dienstleistungen gegenüber nichtansässigen Unternehmen (Art. 7 bis Art.7-septies VPR 633/1972) betragen mehr als 50 Prozent des Gesamtumsatzes;
  • Das MwSt-Guthaben ergibt sich aus dem Erwerb von Anlagegütern im betreffenden Trimester und diese betragen mehr als zwei Drittel der gesamten Erwerbe der gleichen Bezugsperiode;
  • MwSt-Guthaben der ausländischen Unternehmen mit direkter Registrierung oder mit Fiskalvertreter in Italien.

Für MwSt-Guthaben, die sich aus dem „Reverse-Charge-Verfahren“ und dem Split-Payment ergeben, dürfte in der Regel der Sachverhalt unter Punkt a) (durchschnittlicher MwSt-Satz) zutreffen.

Rückerstattet bzw. zur Verrechnung verwendet werden darf immer nur das im entsprechenden Trimester entstandene Guthaben laut den MwSt-Abrechnungen (der Vortrag des Guthabens aus Vorperioden darf hingegen nicht berücksichtigt werden) und sofern vorher ein entsprechender Erstattungsantrag bei der Einnahmenagentur eingereicht wurde.

Fristen für die Einreichung des Erstattungsantrages


Für die trimestrale Rückerstattung oder Verrechnung eines MwSt-Guthabens muss, bei Vorhandensein einer der oben angeführten Voraussetzungen, von unserem Büro ein eigener telematischer Antrag innerhalb des Folgemonats nach Ablauf des jeweiligen Trimesters bei der Einnahmenagentur eingereicht werden (für das 1. Trimester 2020 also innerhalb 30. April 2020 – bzw. aufgrund des Fristaufschubes vom Dekret Cura Italia bis 30. Juni 2020 – was dann allerdings bedeutet, dass das Guthaben erst Mitte Juli 2020 verrechnet werden kann).
Sofern bei Ihrem Unternehmen ein MwSt-Guthaben aus dem 1. Trimester 2020 resultiert, welches Sie gerne zurückfordern oder mit anderen Steuern verrechnen möchten, bitten wir Sie, sich mit Ihrem Sachbearbeiter in Verbindung zu setzen und uns die notwendigen Unterlagen (MwSt-Abrechnungen und MwSt-Register vom entsprechenden Trimester, Saldenbilanz, Investitionsrechnungen samt Investitionskonten vom betreffenden Trimester, Leasingrechnungen samt Kontenblatt vom betreffenden Trimester und die Rechnungen der Anlagenverkäufe vom betreffenden Trimester) bis spätestens 24. April 2020 zur Verfügung zu stellen.
Für Verrechnungen des 2. und 3. Trimesters 2020 gilt dann dieselbe Vorgangsweise - in diesen Fällen benötigen wir die Unterlagen bis zum 22. Juli 2020 bzw. bis zum 22. Oktober 2020.

Ab welchem Zeitpunkt darf eine Verrechnung mit anderen Steuern erfolgen?


Die Verrechnung mit anderen Steuern kann bis zu einem Betrag von € 5.000 sofort nach Versendung des Erstattungsantrages bzw. für Beträge von mehr als € 5.000 erst ab dem 10. Tag nach Abgabe des Erstattungsantrages vorgenommen werden. 
Die Verrechnung im F24 muss ausschließlich über die Plattform Entratel/Fiscoonline erfolgen (nicht über Homebanking).
Der Kodex für die Verrechnung des Guthabens im F24 lautet:
  1.    Trimester    6036
  2.    Trimester    6037
  3.    Trimester    6038

Für die Verrechnung eines trimestralen MwSt-Guthabens von über € 5.000 mit anderen Steuern ist der Bestätigungsvermerk notwendig. Das Limit von € 5.000 ist dabei nicht für das einzelne Trimester zu berücksichtigen, sondern ist eine Jahresschwelle und gilt rückwirkend auch für die bereits erfolgten Verrechnungen des ersten Trimesters. Für die Erteilung des Bestätigungsvermerks sind verschiedene zusätzliche Prüfungshandlungen vorzunehmen, wodurch sich eine Erhöhung der Kosten für die Abfassung des Rückerstattungsantrages ergibt.

Rückerstattung von Guthaben von über € 30.000


Während für die Verrechnung von MwSt-Guthaben aus den trimestralen Abrechnungen ein Bestätigungsvermerk bereits bei mehr als € 5.000 notwendig ist, kann dieser für eine Erstattung von über € 30.000 anstelle einer Bankgarantie verwendet werden, sofern die folgenden Voraussetzungen (mittels Notorietätsakt zu bestätigen) bestehen:

  • Vermögenslage und Tätigkeit – Das Reinvermögen der letzten abgelaufenen Steuerperiode zum Zeitpunkt des Erstattungsantrages darf sich gegenüber dem Vorjahr, um nicht mehr als 40 Prozent vermindert haben (gilt nicht bei vereinfachter Buchhaltung). Es muss der letzte Jahresabschluss vor Einreichung des Antrages berücksichtigt werden, auch wenn dieser noch nicht genehmigt worden ist. Auch die Liegenschaften bzw. das Immobilienvermögen dürfen sich gegenüber dem Vorjahr um nicht mehr als 40 Prozent reduziert haben (ausgenommen Bauträger). Es darf nicht die Tätigkeit eingestellt oder aufgrund eines Betriebsverkaufes vermindert worden sein.
  • Beteiligungen – In den letzten zwölf Monaten vor Abgabe des Erstattungsantrages dürfen bei Kapitalgesellschaften nicht wesentliche Beteiligungen von mehr als 50 Prozent abgetreten worden sein (für Personengesellschaften und Einzelfirmen gilt diese Einschränkung also nicht). Beispiel: am 30. April 2020 wird der Rückerstattungsantrag eingereicht, am 30. April 2018 wurden 51 Prozent der Anteile der betroffenen GmbH oder AG an einen Dritten abgetreten, somit ist die Rückerstattung von mehr als € 30.000 mit dem Sichtvermerk nicht möglich (es benötigt eine Sicherstellung).
  • Sozialbeiträge – Die Sozial- und Versicherungsbeiträge müssen eingezahlt worden sein.

Der Notorietätsakt muss getrennt abgefasst und zusammen mit einer Kopie des Ausweises vom Steuerpflichtigem aufbewahrt und auf Anfrage der Einnahmenagentur vorgelegt werden  (die Erklärung im Modell allein ist nicht ausreichend). 
Für die Verrechnungen von mehr als € 5.000 reicht hingegen der Bestätigungsvermerk aus (der Notorietätsakt ist also immer nur für die Rückerstattung notwendig).
Auch wenn die obigen Voraussetzungen erfüllt werden, muss bei Vorliegen einer sog. „Risikoposition“ weiterhin eine Sicherstellung erbracht werden.
Eine solche Risikoposition liegt in den folgenden Fällen vor (es ist also eine Sicherstellung für die Rückerstattung notwendig, da der Sichtvermerk nicht ausreichend ist):

  • MwSt-Pflichtige, welche die Tätigkeit seit weniger als zwei Jahren betreiben (ausgenommen Start-up-Unternehmen) – hierbei zählt der effektive Tätigkeitsbeginn und nicht die Anmeldung der MwSt-Nummer;
  • Steuerpflichtige, welche die Erstattung des Guthabens aus der Beendigung der Tätigkeit verlangen;
  • Steuerpflichtige, denen in den letzten beiden Jahren vor Abgabe des Erstattungsantrages wesentliche Steuerfestsetzungen zugestellt worden sind. Für die Wesentlichkeit der Steuerfestsetzungen wird eine Staffelung festgelegt, wobei die zusätzlich festgestellte mit der erklärten Steuer verglichen wird: Bis zu € 150.000 darf der Unterschiedsbetrag nicht mehr als 10 Prozent ausmachen; bis zu € 1,5 Mio. nicht mehr als 5 Prozent; darüber darf er nicht mehr als 1 Prozent ausmachen.

Für Rückerstattungen von bis zu € 30.000 ist weder eine Bankgarantie noch alternativ ein Bestätigungsvermerk notwendig. Das Limit von € 30.000 für die Rückerstattung und jenes von € 5.000 für die Verrechnung sind getrennt voneinander zu betrachten, allerdings muss die Betrachtung auf Jahresbasis und nicht pro Trimester erfolgen.
Beispiele: 

  1. Falls von einem bestehenden MwSt-Guthaben € 30.000 zurückgefordert werden und € 5.000 im F24 mit anderen Steuern verrechnet werden, so ist kein Bestätigungsvermerk notwendig.
  2. Falls hingegen im 1. Trimester € 20.000 zurückgefordert wurden und im 2. Trimester nochmals für € 15.000 eine Rückerstattung beantragt wird, so muss der Antrag des 2. Trimesters den Bestätigungsvermerk enthalten (oder alternativ muss eine Bankgarantie

 

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